Die eng begrenzte und deshalb kostbare Fläche für Spielerezensionen sollte man nicht an eine Trivialität verschwenden. Es sei denn…
Für Kniffel muss man in der Lage sein, fünf Würfel aus der Hand rollen zu lassen, um aus drei Würfen eine passende Kombination zusammenzustellen und zu notieren. Die hohe Kunst besteht darin, die Augenzahlen des Würfels zu erkennen.
Das wird jetzt alles anders. Statt einfacher Zahlen gilt es nun Delphinchen, Seesternchen, Oktopüsslein, Schildkrötchis, Pinguinbabys und niedliche goldgelbe Krabbelkrabben auf den Würfeln. Die wirft man, um damit ein Full-House, die große Straße oder viele Seesternchen zu erreichen. Das Ergebnis wird umgerechnet in Punkte, damit es die Vorschul-Kids leicht haben.
Was passiert hier eigentlich? Mit Mühe hat die Menschheit gelernt, mündliche Überlieferung von den damit verbundene Verzerrungen zu befreien und Wissen in Schriftform festzuhalten. Es war ein langer, zäher Weg von Bildern, symbolischen Bildzeichen, Knoten und anderen Darstellungen bis zu unserem Alphabet. Was hat es Mühe gekostet, den Stein von Rosetta durch den Vergleich von Keilschrift und Hieroglyphen zu entziffern?
Doch kaum war die Kunst, zu schreiben und zu lesen allgemein verbreitet begann der Rückschritt. Längst braucht es kaum noch Text. Was es zu sagen gibt kann man doch mit Emojis ausdrücken. Sprachforscher sind der Ansicht, dass die Bildchen das Verstehen des Textes sichern, weil sie Gefühlskomponenten einbringen.
Und jetzt stehen wir bereits vor der Emojisierung einfacher Würfelaugen, verbunden mit glubbschäugiger Manga-Verkitschung. Warum spielt man Kniffel nicht ganz einfach mit ganz ordinären Würfeln?
Rollo Ocean, ohne Angabe von Autor oder Lizenzgeber, Huch, 2 bis 6 Spieler ab 4 J., ca. 10 bis 20 Min, ca. 10 €, hutter-trade.com, Kniffel in vielen Ausstattungsvarianten bei Schmidt ab ca. 6 €, schmidtspiele-shop.de/spiele/wuerfelspiele/wurfelspiele
